Die Sozialversicherungspflicht und die Genossenschaft
Wie ist das mit der Sozialversicherungspflicht bei einer Tätigkeit für die Genossenschaft?
Was passiert bei einem Formwechsel?
Welche Optionen gibt es hier?
Wenn es um das Thema “Genossenschaft und Steuern” geht, stolpert man immer wieder über gegensätzliche Aussagen.
Während auf der einen Seite versprochen wird, die Genossenschaft verhelfe quasi zu Steuerfreiheit und es ließe sich alles in der Genossenschaft fördern, fallen auf der anderen Seite Begriffe wie “Sachdividende” oder “verdeckte Gewinnausschüttung”.
Woher kommen diese gegensätzliche Informationen und was stimmt nun wirklich?
In diesem Video-Beitrag erklärt Ihnen Herr Sven Leudesdorff-Pfeifer die Hintergründe.
Kein Grund zur Sorge.
In diesem Beitrag finden Sie unter dem Video nochmal alle Kernaussagen übersichtlich und kompakt aufbereitet:
Der Grund ist hier im Genossenschaftswesen selbst zu suchen.
Genossenschaften gibt es in Deutschland bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Seither ist viel Zeit vergangen und das bringt zwangsläufig viele, auch steuerliche, Wandlungen mit sich. Beispielsweise waren Genossenschaften während des 1. Weltkriegs aufgrund der Wohnraumversorgung sehr gefragt.
Ähnliches gilt für die Zeit des 2. Weltkriegs: Das demokratische Prinzip von Genossenschaften war der Führung ein Dorn im Auge, weshalb auch die Genossenschaften der “Gleichschaltung” unterlagen. Somit wurden sie quasi “halbstaatlich” und für Propagandazwecke genutzt, waren jedoch steuerbefreit, weshalb sie sich dennoch einer großen Beliebtheit erfreuten.
1952 trat das Lastenausgleichsgesetz in Kraft, das vorsah denjenigen, die durch den Krieg Vermögensschäden oder andere, starke Nachteile erlitten hatten, finanziell zu entschädigen. Dafür mussten diejenigen, denen Vermögen verblieben war, 50% ihres Vermögens abgegeben.
Zu dieser Zeit gab es Verbände (Beispiel im Video: Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft), die staatliche Organe waren.
Das stellt in Bezug auf die Vermögensabgabe einen sehr großen Vorteil da, denn nur der Staat und seine Organe waren davon ausgenommen.
Genossenschaften waren also von der Abgabe betroffen, die staatlichen Verbände hingegen nicht.
Nach dem 2. Weltkrieg waren für lange Zeit besonders die Vermietungsgenossenschaften auf dem Vormarsch.
So konnte man aufgrund der günstigen, staatliche Kredite schnell und günstig an Wohnraum kommen.
Die gängigsten, steuerlichen Konzepte für Genossenschaften stammten aus genau dieser Zeit. Dabei handelte es sich ausschließlich um “große Genossenschaften”, denn die “kleine Genossenschaft”, wie wir sie heute kennen, gibt es erst seit 2006.
Dies zeigt den Kern des Problems: Wenn wir heute über Genossenschaften sprechen, sprechen wir meistens mit Menschen, die in der Vermietungsgenossenschaft groß wurden, also in großen Genossenschaften mit viel Publikum. Diese waren i.d.R. gemeinnützig.
Nach 1990 fiel diese Gemeinnützigkeit zwar weg und war nur noch per Satzungsregelung möglich, jedoch waren diese Genossenschaften aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit steuerbefreit – und sind es auch heute noch. Dies war durch eine Ausnahmeregelung im Gesetz für landwirtschaftliche Genossenschaften und Vermietungsgenossenschaften möglich.
Diese Steuerbefreiung führt zu den vielen, widersprüchlichen Aussagen, die wir heute finden:
Viele der getroffenen Aussagen lassen sich so umsetzten, wenn die Genossenschaft steuerbefreit ist, jedoch trifft dies nur in sehr seltenen Fällen zu.
Eine Vermietungsgenossenschaft ist steuerbefreit. Sie hat Mitglieder, die durch vergünstigten Wohnraum begünstigt werden.
Heute können dort sogar Elektrofahrzeuge mit angeschlossen werden, indem sie in den Gebäuden mit vermietet werden, ohne zusätzliche Mieteinnahmen zu generieren.
Dass diese Förderungen so möglich sind, hat zwei Gründe:
Zusätzlich ist die Vermietungsgenossenschaft steuerbefreit. Sie hat keine Gewinnerzielungsabsicht und selbst wenn es zu Gewinnen kommen sollte, gibt es keinen weiteren Hebel.
Diese Genossenschaften haben also eine ganz andere Ausrichtung, als die, die wir heute kennen und gründen.
Für unsere Kunden gründen wir i.d.R. kleine Genossenschaften mit 3 – 20 Mitgliedern. Diese sind nicht für alle offen, es sind also keine Publikumsgenossenschaften und sie sind nicht steuerbefreit.
Dies führt zu einer vollkommen anderen Ausgangslage, mit der viele Berater im Genossenschaftskontext noch nicht sehr vertraut sind.
Es fehlt also häufig an Erfahrungswerten mit kleinen Genossenschaften, weshalb von den großen Genossenschaften adaptiert wird:
“Wenn das bei der großen Genossenschaft so geht, dann geht das auch bei der kleinen Genossenschaft.”
Das ist auch oft so, allerdings müssen hier die Voraussetzungen geschaffen werden:
Dabei gibt es drei wichtige Faktoren, die eine Förderung im Sinne des Genossenschaftszwecks überhaupt erst möglich machen:
Das Thema der Förderungen in einer Genossenschaft erfordert dennoch immer eine genaue, detaillierte Betrachtung.
Es braucht also eine Satzung, die das so erlaubt und eine Struktur, die das so kann.
Sind all diese Voraussetzungen gegeben, können beispielsweise folgende Dinge gefördert werden:
Den Mitgliedern können Fahrzeuge für die zweckgemäße Nutzung zur Verfügung gestellt werden - ohne 1%-Regelung oder Fahrtenbuch.
Eine private Nutzung ist dabei ausgeschlossen, wobei die genaue Abgrenzung hier praktisch schwierig sein kann.
Erfordert der Zweck der Genossenschaft Auslandsreisen, bspw. für die Umsetzung von Immobilienprojekten im Ausland, so darf man natürlich für die Genossenschaft ins Ausland reisen um diese Dinge zu bearbeiten.
Aufgrund der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht einer Genossenschaft, muss bei diesen Reisen, im Gegensatz zur GmbH, kein Umsatz oder Gewinn erzielt werden.
Vorsicht: Auch hier müssen die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen sein, wie bspw. ein Beschluss und die passenden Verträge.
Wenn die Voraussetzungen stimmen, können durch die Genossenschaft auch Dinge angeschafft und den Mitgliedern vergünstigt zur Verfügung gestellt werden.
Die Mitglieder können diese Dinge dann von der Genossenschaft mieten oder eine Nutzungspauschale zahlen.
Bei Förderungen muss immer auf den Zweck der Genossenschaft und die Satzung geschaut werden.
“Förderungen”, die nicht mit der Satzung vereinbar sind, sind keine Förderungen!
Trotz dieser Ausgangslage werden, insbesondere auf Online-Plattformen wie YouTube, immer wieder Aussagen getroffen, die die Förderungen als “verdeckte Gewinnausschüttung” oder “Sachdividenden” einordnen.
Das ist nicht grundsätzlich falsch, jedoch nur dann zutreffend, wenn:
Durch die genossenschaftliche Struktur können tatsächlich Effekte entstehen, die zur Steuerersparnis führen.
Dafür einmal ein Beispiel:
Angenommen, Sie haben Ihr privates Fahrzeug bisher selbst gefahren und dieses kostet Sie 500 € / Monat. Diese Kosten bezahlen Sie aus versteuertem Geld (Ihrem Einkommen).
Wenn Sie gut verdienen, müssen Sie bei einer hypothetischen Steuerlast von 50% also 1.000 € verdienen um 500 € ausgeben zu können.
Doch was wäre, wenn Sie nun Ihr Fahrzeug an die Genossenschaft verkaufen?
In diesem Fall sparen Sie also die 500 €, da Sie diese nicht mehr bezahlen und somit auch nicht verdienen müssen.
Im Idealfall gelingt es Ihnen nun dieses Geld gar nicht erst zu verdienen, also nicht ins besteuerbare Einkommen zu bringen. Das geht, indem Sie es einfach in den Unternehmensstrukturen belassen und somit außerhalb, in einem sogenannten Sondervermögen versteuern.
Selbiges gilt für die Kosten, die nun auch nicht mehr im Privatvermögen anfallen und somit nicht von bereits versteuertem Geld bezahlt werden müssen.
Rein rechnerisch haben Sie also Ihren privaten Einkommenssteuersatz und die Umsatzsteuer gespart:
Für 1.190 €, die Sie nicht mehr versteuern, bekommen Sie Waren im Wert von 1.190 € durch die Genossenschaft. Dabei haben Sie selbst diesen Betrag nicht verdienen müssen.
Ansonsten versteuert auch die Genossenschaft ganz regulär: 15% Gewerbesteuer, 15% Körperschaftssteuer.
Eine Genossenschaft zu führen muss gelernt werden – ähnlich wie man auch Klavierspielen erlernen muss.
Und selbst dann, gibt es weitere Faktoren, die das Spiel beeinflussen. Beispielsweise muss das Klavier richtig gestimmt und gepflegt werden.
Das gilt im übertragenen Sinne genauso für die Genossenschaft:
Entscheidend sind die Satzung, der Zweck und wie diese für die Mitglieder genutzt werden.
Mit der richtigen “Startaufstellung” ist vieles möglich, wobei es immer auf die Details ankommt.
Wir empfehlen Ihnen, immer genau darauf zu achten, was die Leute / Berater Ihnen erzählen und von welcher Grundlage dabei ausgegangen wird: Sind alle Voraussetzungen erfüllt?
Gerne beraten wir Sie zu etwaigen Fragen zum Thema.
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