
Wie bekomme ich Werte wieder aus der Genossenschaft raus?
Wenn Sie Werte in eine Genossenschaft einbringen, können Sie dieser später auch wieder aus der Genossenschaft entnehmen?
Nach der Gründung und dem Start der Inbetriebnahme einer Genossenschaft stellt sich bei vielen die Frage, wer nun die Genossenschaft vertreten kann.
Wir haben uns in unseren vorherigen Beiträgen u.A. auch mit der Rolle des Vorstandes befasst, der in erster Linie für den Geschäftsbetrieb und die Vertretung der Genossenschaft nach Außen zuständig ist. Auch der Aufsichtsrat ist u.U. befugt die Genossenschaft zu vertreten, insbesondere, wenn der Vorstand befangen ist.
Doch wer kann, außer die beiden vorgenannten Organe, die Genossenschaft noch vertreten?
Aus der vorherigen Beitragsreihe kennen Sie bereits die ersten beiden rechtsgeschäftlichen Vertreter der Genossenschaft. Insgesamt kann es jedoch noch mehr geben.
Mit diesem Organ haben wir uns in der letzten Beitragsreihe beschäftigt. Hier gelangen Sie zu dem entsprechenden Artikel.
Mit diesem Organ haben wir uns in der letzten Beitragsreihe beschäftigt. Hier gelangen Sie zu dem entsprechenden Artikel.
Der Unterschied zwischen einem organschaftlichen Vertreter und einem rechtsgeschäftlichen Vertreter besteht darin, dass der organschaftliche Vertreter Kraft seiner Organstellung die Vertretungsmacht innehat, während ein rechtsgeschäftlicher Vertreter – wie der Name schon sagt – durch eine rechtsgeschäftliche Handlung bevollmächtigt werden muss. D.h. in diesem Fall muss zwingend mündlich oder schriftlich eine Vollmacht erteilt werden.
Die Prokura ist in § 48 ff HGB (Handelsgesetzbuch) geregelt, worauf § 42 GenG verweist. Sie ist eine umfassende und nach außen hin unbeschränkbare Vollmacht, die auch mehreren Personen gleichzeitig erteilt werden kann (Gesamtprokura). Das bedeutet, dass der Prokurist die Genossenschaft in allen gerichtlichen und außergerichtlichen Angelegenheiten vertreten darf. Allein zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nicht per se berechtigt, sondern die Erlaubnis muss ihm ausdrücklich erteilt werden. Weitere Besonderheiten sind:
Zur Erteilung der Prokura ist der Vorstand ermächtigt.
Prokurist kann jede natürliche Person sein (h.M., a.A. Beuthien, in Beuthien/Beuthien, 16. Aufl. 2018, GenG § 42 Rn. 2), welche nicht minderjährig ist. Also vor allem ordentliche Mitglieder einer Genossenschaft, aber auch nicht-Mitglieder können Prokura erhalten.
Die Satzung muss die Erteilung einer Prokura nicht ausdrücklich bestimmen, denn dies ergibt sich direkt aus dem Gesetz, § 42 GenG i.V.m. 48 ff. HGB.
Die Satzung kann jedoch die Erteilung einer Prokura beschränken (an Voraussetzungen knüpfen) oder ganz ausschließen.
Die Prokura kann formlos erteilt werden, sie muss jedoch im Genossenschaftsregister eingetragen werden.
Formlos bedeutet, dass keine besondere Form für die Erteilung benötigt wird, insbesondere keine notarielle Beurkundung o.Ä. Es ist jedoch zu empfehlen die Prokura immer schriftlich zu erteilen und diese dann unverzüglich beim Genossenschaftsregister anzumelden.
Die Prokura ist jederzeit widerruflich.
Jede Änderung und vor allem das Erlöschen muss zum Genossenschaftsregister angemeldet werden, damit keine Anscheins- und Duldungsvollmachten entstehen.
Die Prokura ist unübertragbar und erlischt automatisch mit Tod des Prokuristen.
Die Beschränkung der Prokura ist – wie schon erwähnt – gegenüber Dritten unwirksam. Sie kann jedoch im Innenverhältnis (z.B. in der Satzung) auf bestimmte Rechtsgeschäfte beschränkt werden. Dies führt dazu, dass der Prokurist im Innenverhältnis ggf. zu Schadensersatzleistungen verpflichtet ist, während das Rechtsgeschäft nach außen gegenüber Dritten wirksam ist.
Anscheins- und Duldungsvollmachten entstehen dann, wenn Vollmachten erteilt werden, deren Erlöschen jedoch einem Dritten nicht angezeigt wird.
Dabei vertraut der Dritte auf das Bestehen der Vollmacht (Kenntnis und Kennenmüssen des Erlöschungsgrundes lag nicht vor) und schließt Rechtsgeschäfte mit dem nicht mehr Bevollmächtigten ab (Anscheinsvollmacht) oder der Vollmachtgeber kennt den Umstand, dass der Bevollmächtigte trotz erlöschen der Vollmacht in seinen Namen Rechtsgeschäfte abschließt, jedoch duldet er dies (Duldungsvollmacht).
Die Handlungsvollmacht ist ebenfalls im Handelsgesetzbuch geregelt, vgl. § 54 HGB.
Handlungsbevollmächtigter ist derjenige, der zum Betrieb eines Handelsgewerbes oder zur Vornahme bestimmter zu einem Handelsgewerbe gehörigen Geschäften ermächtigt ist, ohne Prokurist zu sein.
Die Genossenschaft kann jegliche Art von Handlungsvollmachten erteilen, also General-, Art- und Spezialhandlungsvollmachten.
Anders als die Prokura ist eine Handlungsvollmacht vom Umfang her durch Gesetz nicht definiert, sondern muss inhaltlich umschrieben werden. Dennoch schränkt das Gesetz den Umfang der Handlungsvollmacht ein, indem einem Handlungsbevollmächtigten ausdrücklich die Befugnis zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessführung erteilt werden muss, ansonsten ist er zur Tätigung dieser Rechtsgeschäfte nicht bevollmächtigt.
Folgende Besonderheiten sind bei der Handlungsvollmacht zu beachten:
Der Vorstand sowie auch der Prokurist sind zur Erteilung einer Handlungsvollmacht berechtigt.
Der Widerruf der Handlungsvollmacht ist jederzeit möglich, wenn sich aus dem Inhalt der Handlungsvollmacht nichts anderes ergibt.
Die Handlungsvollmacht ist nicht in das Genossenschaftsregister einzutragen. Anscheins- und Duldungsvollmachten können jedoch auch hier entstehen.
Eine Übertragung der Handlungsvollmacht ist zwar theoretisch mit Zustimmung des Vorstandes und des Prokuristen möglich, allerdings nicht praxisrelevant, da der Handlungsbevollmächtigte Untervollmachten erteilen kann. Diese müssen stets in dem Umfang sein, in dem die Handlungsvollmacht inhaltlich umschrieben ist.
Die Vorschriften über die Erteilung von Einzelvollmachten richten sich nach § 164 ff BGB. Hier kann jede Person im Rahmen seiner Zuständigkeit eine Vollmacht an eine andere Person erteilen.
Dies kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen und muss nicht eingetragen werden. Die Einzelvollmacht ist in § 164 ff BGB inhaltlich nicht geregelt, sodass bei Erteilung der Umfang der Bevollmächtigung stets geregelt werden muss.
Eine Vollmacht nach § 164 ff BGB ist jederzeit widerruflich. Der Widerruf sollte in der Form erfolgen, in der die Erteilung stattgefunden hat. D.h. ist die Erteilung der Vollmacht schriftlich gegenüber einem Dritten erfolgt, so sollte das Erlöschen ebenfalls schriftlich gegenüber dem Dritten erfolgen. Ansonsten läuft man hier ebenfalls Gefahr Anscheins- und Duldungsvollmachten gegen sich gelten lassen zu müssen.
Bei Generalvollmachten sollte besonders darauf geachtet werden, dass der Vorstand nicht etwa seine gesamten Befugnisse auf den Bevollmächtigten überträgt. Denn der Vorstand darf nicht seine eigene Organstellung obsolet machen, indem er seine gesamten Aufgaben auf den Bevollmächtigten abwälzt.
Im Übrigen gibt es auch Kraft Gesetztes Zuständigkeiten und Pflichten eines Vorstandes, die nicht übertragbar sind.
Ebenfalls nicht erlaubt ist eine unwiderrufliche Generalvollmacht zu erteilen, denn die jederzeitige Widerruflichkeit macht es erst möglich einen Prokuristen aber auch einen Generalbevollmächtigten mit einer so umfangreichen Vertretungsvollmacht auszustatten.
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